Nachdem sich in der «Twilight»-Saga bereits ein Untoter in eine Sterbliche verliebte, liegt es nah, sich aufgrund des immensen Erfolgs noch häufiger an diesem Schema zu bedienen. Der äußerst vielseitige Regisseur Jonathan Levine verfilmte den Isaac-Marion-Roman „Mein fahler Freund“, in welchem sich ein Zombie in eine Frau aus Fleisch und Blut verliebt, und springt mit dieser Idee auf besagten Tot-liebt-lebendig-Zug auf. Um eine ähnliche Zielgruppe zu bedienen, wie es bereits die verfilmten Romane von Stephenie Meyer taten, schraubte der Regisseur von «All the Boys love Mandy Lane» und «50/50 – Freunde für’s (Über)leben» die für Zombiefilme typische Gewalt auf ein Minimum zurück – und handelte sich damit nicht nur positive Stimmen ein. Für Fans des Untoten-Subgenres ist dieser Umgang mit der Thematik bisweilen ein Schlag ins Gesicht. Warf man dem Vampirhype der vergangenen Jahre vor, das Blutsauger-Genre zu verweichlichen, droht dies nun auch dem Zombiefilm, der einst von Genregrößen wie George Romero dominiert und aufgrund seiner Härte und Innovation gefürchtet wurde. Die Gefahr besteht, doch Levine umfährt potentielle Gefahrenquellen mit seiner Horror-Romanze «Warm Bodies» weitestgehend souverän.
R (zum Liebhaben: Nicholas Hoult) hat es nicht leicht: Nach einer ausgebrochenen Zombie-Epidemie besteht sein Alltag daraus, in Zeitlupentempo durch die postapokalyptisch anmutende Welt zu schlurfen. Ab und an trifft er Leidensgenossen, mit denen er sich zusammentut, um auf gemeinsamen Streifzügen nach Menschen Ausschau zu halten. Denn das Zombieleben hat so seine Tücken. Um zu „überleben“ dürstet es den Untoten nach Menschenfleisch. Vor allem das Gehirn ist beliebt, enthält es doch humane Erinnerungen, die auf Dauer vielleicht auch bei Zombies so etwas wie Gefühle erwecken können. Als er das Gehirn eines Selbstmörders verspeist, überwältigen ihn die darin enthaltenen Erinnerungen an dessen hübsche Freundin Julie (Teresa Palmer) so sehr, dass er es fortan als seine Aufgabe ansieht, sie vor seinen untoten Freunden zu beschützen. Im Laufe der Zeit entwickelt sich zwischen dem ungleichen Duo eine zarte Liebe, die jedoch auf eine harte Probe gestellt wird. Denn ausgerechnet Julies Vater (John Malkovich) hat sich der Jagd nach den Zombies verschworen…
Zugegeben: Auf dem Papier liest sich diese Plotidee ambivalent. Auf der einen Seite schafft es endlich mal wieder ein Streifen in die Kinos, in dessen Fokus die Zombiethematik steht, noch bevor es Brad Pitt im Juni dieses Jahres in «World War Z» mit richtig fiesen untoten Kreaturen zu tun bekommt. Auf der anderen Seite könnte diese im Zusammenspiel mit einer Romanze in den Hintergrund rücken und für verkitschte Teenie-Unterhaltung Platz machen. Nicht umsonst titeln derzeit einige Fachmedien, „Warm Bodies“ sei „für das Zombiefilm-Genre das, was «Twilight» für die Vampire war.“ Ganz so Unrecht haben Kritiker mit dieser Behauptung nicht. So überkreuzt sich die Grundidee, dass sich eine schon immer als Bösewicht angelegte Figur zu einem netten Kerl entwickelt. Doch im Gegensatz zur von Cineasten belächelten «Twilight»-Saga hat man hier viele Fehler vermieden, die man beim Vampir-Pendant ungeachtet ließ.
Da wäre zu allererst die Besetzung. Nicholas Hoult («A Single Man») spielt den Zombie R jederzeit überzeugend und dabei vor allem durchweg sympathisch. Auch wenn seinem Charakter die für Zombies übliche Boshaftigkeit und Rigorosität fehlt, verzichtete Levine nicht darauf, genüsslich draufzuhalten, wenn R Gehirne verspeist. Das wirkt befremdlich, da Hoults Figur eindeutig als Protagonist angelegt ist. Als ein unattraktiver, versiffter Protagonist, zu dessen Tagesablauf es gehört, Menschen umzubringen, um sie zu essen. Zweitens: Das Setting. R lebt in einer von einem Virus verseuchten Welt, die den Charme alter Genreklassiker versprüht. Eine Romanze in diesem Umfeld spielen zu lassen ist mutig, zumal sie mit Sicherheit einige potentielle Kinogänger von einem Besuch im Lichtspielhaus abbringen könnte. Denn auch wenn die Story dazu einlädt, die übliche Zielgruppe heranwachsender Mädels ins Kino zu locken, mutet das Setting eindeutig düsterer an, als erwartet. Im Gegensatz zur bereits vielfach für einen Vergleich herangezogenen Vampirstory lässt sich «Warm Bodies» durchaus als Horror bezeichnen, wenngleich er, abgesehen von einigen doch raueren Szenen, spürbar soft inszeniert wurde. Das stört jedoch gar nicht so sehr, dass es für Aufschreie unter Hardcore-Zombiefans sorgen könnte. Der Streifen möchte das Genre weder veralbern, noch zeigt er sich ihm gegenüber respektlos. Vielmehr nutzt er dessen Stärken, um damit auf neuen Pfaden zu wandeln und auf diesen zu unterhalten. Das beweist auch der angenehme Humor. Man setzt weder auf billige Parodien noch auf flache Gags. Stattdessen findet man sogar Verneigungen vor „richtigen Zombiefilmen“, wenn etwa darüber spekuliert wird, weshalb R gar nicht so aussieht wie in ebensolchen. Das macht «Warm Bodies» auf seine Art so sympathisch, dass Gegner des Streifens ihm eigentlich gar nicht lange dafür böse sein können, dass man sich an „ihr Genre“ auf diese Art und Weise herantraute. Lediglich das Ende enttäuscht sehr, da es den ungezwungenen Eindruck der vorausgegangenen zwei Stunden mit einem Paukenschlag zunichtemacht.
Abgesehen davon, ist Jonathan Levine mit «Warm Bodies» jedoch eine durch und durch stimmige Produktion gelungen. Die Lovestory zwischen R und Julie ist unaufdringlich und auf eine ungeheuer sensible in die Geschichte eingebunden und präsentiert sich in ihrer langsamen, nicht langweiligen, Art glaubwürdig. Die Zeichnung der meisten Nebenfiguren und vor allem die der Antagonisten hätte zwar wesentlich detailreicher ausfallen können, dafür rückt das Protagonistenpaar jedoch nur noch mehr in den Vordergrund, ohne sich dabei aufdringlich in Szene zu setzen. Unaufdringlichkeit ist auch im Hinblick auf das Setting das Stichwort: Da sich ein Großteil der Handlung innerhalb der überschaubaren Kulisse eines alten Flugzeugs abspielt, kommt gelegentlich gar ein kammerspielartiges Flair auf, das sich voll und ganz auf die rührende Art des Zusammenfindens der beiden Hauptdarsteller konzentriert. Da rücken die aufgeblasenen Bilder der «Twilight»-Saga und die blutleeren Charaktere aus ebenjener meilenweit weg und der Genrefan darf angesichts des Ergebnisses, das Indie-Regisseur Levine hier abliefert, aufatmen.
Fazit: «Warm Bodies» ist definitiv kein neues «Twilight» und wird mit seiner Art von Inszenierung sicherlich auch nicht derart einschlagen, wie es die Story um den glitzernden Vampir tat. Kein Blockbuster sondern fast Independent-Kino: Das ist Levines Art mit dem Jugendmystery-Hype umzugehen. Seine Regiearbeit präsentiert sich als durch und durch sympathische Komödie mit nett gezeichneten Figuren, einer realistischen Prise sanfter Romantik, einem tollen Look und leider einem Ende, das alle Kinogänger jenseits der 16 Jahre so gar nicht zufriedenstellen wird.
«Warm Bodies» ist ab dem 21. Februar bundesweit in den Kinos zu sehen.